Weiterbeschäftigung nach Berufsausbildung – gesetzliche Fiktion des § 24 BBiG

Beschäftigt der Arbeitgeber einen Auszubildenden während des Laufs der vereinbarten Ausbildungszeit nach erfolgreichem Bestehen der Abschlussprüfung weiter, kann dies ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründen, wenn der Ausbildende Kenntnis vom Ausbildungsende und von der Weiterbeschäftigung hat. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 20. März 2018 (Az.: 9 AZR 479/17) und verwies dabei auf die Fiktionswirkung des § 24 BBiG.

Gemäß der in § 24 BBiG angeordneten Fiktion gelte ein Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn der Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt wird, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden sei. In subjektiver Hinsicht setze der Fiktionseintritt zudem regelmäßig voraus, dass der Ausbildende Kenntnis sowohl von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses als auch einer Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat.

Nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BBiG ende das Berufsausbildungsverhältnis entweder mit dem Ablauf der Ausbildungszeit oder vor deren Ablauf mit der Ergebnisbekanntgabe durch den Prüfungsausschuss, wenn der Auszubildende die Abschlussprüfung bestehe. Das vorzeitige Ende des Berufsausbildungsverhältnisses trete nach § 21 Abs. 2 BBiG nur ein, wenn das Prüfungsverfahren abgeschlossen und dem Auszubildenden das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt worden sei. Dabei reiche es nicht, wenn der Auszubildende zwar die Prüfungsleistungen vor Ablauf der Ausbildungszeit erbringe, ihm das Ergebnis jedoch nicht verbindlich mitgeteilt werde.

Hänge das Bestehen der Abschlussprüfung nach Abschluss des Prüfungsverfahrens nur noch davon ab, dass der Auszubildende in einem bestimmten Prüfungsfach noch eine Ergänzungsprüfung erfolgreich ablegen müsse, ende das Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig mit der verbindlichen Mitteilung des (Gesamt-)Ergebnisses in diesem Fach. Werde eine mündliche Ergänzungsprüfung angesetzt, handele es sich dabei um die einzig verbliebene Prüfungsleistung, die für das Bestehen der Abschlussprüfung erforderlich ist. Gebe der Prüfungsausschuss dem Auszubildenden im Anschluss an die Ergänzungsprüfung die Gesamtnote im geprüften Fach bekannt, seien letzte Unsicherheiten hinsichtlich des Bestehens der Abschlussprüfung beseitigt. Denn bestehe der Auszubildende den Prüfungsbereich, der Gegenstand der Ergänzungsprüfung war, stehe fest, dass er den angestrebten Abschluss erreicht habe. Damit ende das Berufsausbildungsverhältnis.

Eine Kenntnis darüber, ob dem Auszubildenden das Ergebnis der Abschlussprüfung durch den Prüfungsausschuss eröffnet wurde, sei nach Ansicht der BAG-Richter dagegen nicht erforderlich. Die Bestimmung des § 24 BBiG liefe weitestgehend leer, wenn der Ausbildende in diesen Fällen Kenntnis über sämtliche, für die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses erforderlichen Tatsachen für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses haben müsste. Der Ausbildende wird regelmäßig keine Kenntnis darüber haben, ob dem Auszubildenden das Ergebnis der Abschlussprüfung bzw. einer Ergänzungsprüfung bereits nach der letzten Prüfungsleistung mitgeteilt worden ist. Gem. § 37 Abs.2 Satz 2 BBiG hat er lediglich einen Anspruch auf Übermittlung der Ergebnisse der Abschlussprüfung. Hat der Auszubildende danach die Prüfungsanforderungen erfüllt, weiß der Ausbildende dadurch zwar immer noch nicht, ob dem Auszubildenden das Prüfungsergebnis ebenfalls bekannt gegeben worden ist. Er muss aber regelmäßig davon ausgehen, dass das Berufsausbildungsverhältnis beendet ist, und kann den Auszubildenden danach fragen, bevor er ihn weiterbeschäftigt. Unterlässt er dies und weist er dem Auszubildenden gleichwohl Tätigkeiten zu, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses.

Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Ausbildende ihn in Kenntnis der bestandenen Abschlussprüfung weiterbeschäftigt hat.

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