Steigende Baustoffpreise – Verhandlungstaktik und Muster-Formulierungen zur vertraglichen Preisanpassung

Muster-Formulierungen: So vereinbaren Sie mit Kunden Materialpreissteigerungen

Die Preise für Baustoffe explodieren, Handwerker müssen die Kosten an die Kunden weitergeben. Mit diesen Mustern vereinbaren Sie Preissteigerungen mit Kunden.

  • Die Preise für Baustoffe steigen und Lieferengpässe nehmen zu. Als Handwerker müssen Sie Ihren Kunden die Gründe für diese Preissteigerungen erläutern, um die zusätzlichen Kosten weitergeben zu können.
  • Außerdem müssen Sie in Ihren Verträgen oder in einer vom Kunden unterschriebenen Zusatzvereinbarung regeln, was bei Preisschwankungen passiert.
  • Hilfestellungen geben Ihnen hier einige Muster-Formulierungen und Tipps für die Praxis.

Die steigenden Baustoffpreise halten momentan alle in Atem: Die Lieferanten und Händler, die Betriebe und ihre Kunden. Damit Betriebe nicht auf den gestiegenen Kosten sitzenbleiben, müssen sie schon vor der Vertragsabwicklung auf die Preisschwankungen von beispielsweise Holz, Stahl und Dämmstoffen hinweisen und sich vertraglich absichern. „Betriebe sollten die Probleme deutlich gegenüber ihren Kunden kommunizieren“, betont Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LBN).

Angebotsphase: Freibleibende Angebote mit kurzen Bindungsfristen

Die Rechtsanwältin rät Handwerkern dazu, den Kunden schon in der Angebotsphase deutlich zu machen, dass momentan am Markt eine Ausnahmesituation für bestimmte Baustoffe herrscht:

  • Erklären Sie den Kunden, dass Sie teilweise mit Tagespreisen kalkulieren müssen, die Ihnen die Händler schicken.
  • Erstellen Sie Ihre Angebote „freibleibend“, also unverbindlich, oder sprechen Sie kurze Bindungsfristen von einigen Tagen aus.

Eine Passage im Angebot könnte Cornelia Höltkemeier zufolge etwa so lauten:

Angesichts der pandemiebedingten sehr dynamischen Preisentwicklung für …… (Bau/ Holz/ Stahl/ Dämmstoffe) erhalten wir von unseren Lieferanten derzeit nur Tages- bzw. Wochenpreise. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir angesichts der sich daraus ergebenden Dynamik – unser Angebot nur unverbindlich/ freibleibend abgeben. – uns an die in unserem Angebot genannten Preise nur bis zum (Datum) gebunden halten können.

Vertragsabschluss-Phase: Kommunikation geht weiter

Hat der Kunde konkretes Interesse an einer Handwerkerleistung, sei erneut intensive Kommunikation nötig, betont Höltkemeier. „Erklären Sie, warum Sie aufgrund der aktuellen Marktlage für den mangelnden Baustoff vertraglich keinen verbindlichen Wert zugrunde legen können.“

Die Kommunikation ersetze zwar nicht die vertragliche Regelung zur Preisanpassung. Sie sei jedoch unverzichtbar, um das Verständnis der Kunden zu festigen. Denn damit sinke das Risiko späterer Rechtsstreitigkeiten über schriftlich vereinbarte Preissteigerungen.

Musterformulierung: Preisanpassung im Vertragstext

Sie können eine offene Formulierung im Vertragstext wählen: Sie bietet laut Höltkemeier die größte Sicherheit, auch in einer gerichtlichen Überprüfung Stand zu halten und könnte etwa so formuliert werden:

Für den Fall, dass nach Vertragsschluss die vom Auftragnehmer zu zahlenden Netto-Einkaufspreise für die vertragsgegenständlichen Materialien = (insbesondere Holz, Dämmstoffe, Metalle) zum Zeitpunkt ihrer Lieferung um mehr als ……Prozent steigen oder fallen sollten, hat jede der beiden Vertragsparteien das Recht, von der jeweils anderen den Eintritt in ergänzende Verhandlungen zu verlangen, mit dem Ziel, durch Vereinbarung eine angemessene Anpassung der vertraglich vereinbarten Preise für die betroffenen vertragsgegenständlichen Materialien an die aktuellen Lieferpreise herbeizuführen.

Stimmt der Kunde in den Nachverhandlungen einer Preisanpassung nicht zu, würde er vertragsbrüchig, erläutert die Juristin. Das verbessere Ihre Position als Unternehmer bei der Frage, ob Sie die weitere Ausführung des Auftrags stoppen oder den Vertrag wegen Vertragsbruch kündigen.

Dabei komme es auf den Einzelfall an – und bevor Handwerker handeln, sollten sie sich Rechtsrat einholen, empfiehlt Höltkemeier. Dennoch sei die Ausgangslage im Streitfall mit der offenen Formulierung im Vertragstext deutlich besser, als wenn der Unternehmer nichts mit seinen Kunden vereinbart hat.

Zusatzvereinbarung zur Preisanpassung im Vertrag

Alternativ können Sie eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag aufsetzen, die bereits eine „automatische“ prozentuale Anpassung an den aktuellen Lieferpreis beinhalten.

Download: Ein Muster der LBN für eine Zusatzvereinbarung zur Preisanpassung Materialpreisschwankungen können Sie sich hier herunterladen

Rechtlich müssen Sie bei solchen Zusatzvereinbarungen jedoch einiges beachten:

1. Voraussetzung für die Gestaltung von Zusatzvereinbarungen

Handwerker, die eine Zusatzvereinbarung verwenden wollen, sollten laut Höltkemeier beachten, dass

  • eine eindeutige Grundlage für die Beurteilung der Ausgangspreise gegeben ist – dazu müssen die kalkulierten Preise der von der Anpassung betroffenen Positionen gegenüber dem Vertragspartner offengelegt werden.
  • den Kunden deutlich gemacht wurde, dass der Vertrag nur dann zustande kommt, wenn auch die gesonderte Vereinbarung zu den Materialpreisen unterzeichnet wurde.

Höltkemeiers Empfehlung: Nehmen Sie zum Beispiel folgenden Satz mit den in Vertragstext des Angebots auf:

Wie mit Ihnen ausführlich besprochen, verlangt die aktuelle Situation, dass wir eine gesonderte Vereinbarung für die Materialpreise treffen. Die für Ihren Auftrag benötigten Materialien sind am Markt derzeit so schwer zu beschaffen, dass wir von unseren Lieferanten nur noch Angebote mit Tages- bzw. Wochenpreisen bekommen. Die Preise schwanken von Woche zu Woche teilweise um bis zu ___ Prozent. Daher müssen wir mit Ihnen, damit der Vertrag gültig werden kann, zusätzlich eine Vereinbarung zur Preisanpassung bei Materialpreisänderungen treffen. Wir weisen daher darauf hin, dass das Zustandekommen dieses Vertrags unter der Bedingung des gleichzeitigen Zustandekommens der beigefügten Vereinbarung steht.

Hingegen würde es laut Hötkemeier nicht genügen, das Angebot einfach durch ein vom Kunden zu unterschreibendes Beiblatt zu ergänzen. Denn dann bleibe unklar, was wirklich gelte, wenn der Kunde das Beiblatt nicht unterschreibt.

2. Vorsicht: AGB-Falle bei Zusatzvereinbarungen

Vorformulierte Klauseln dieser Art würden „auf jeden Fall dann als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) eingeordnet, wenn sie häufiger als einmal verwendet werden“, sagt Cornelia Höltkemeier. Das gelte auch dann, wenn sie „individuell handschriftlich“ aufgesetzt oder handschriftlich ergänzt werden. AGB unterliegen der Expertin zufolge einer strengen gesetzlichen Inhaltskontrolle. Im Streitfall würden Gerichte solche Klauseln häufig für unwirksam erklären.

Daher seien auch die Musterformulierungen der LBN für eine ergänzende Zusatzvereinbarung bei mehrmaliger Verwendung in Verträgen mit Privatkunden nicht gerichtsfest. Auch in Streitfällen mit Geschäftskunden böten sie keine absolute Gerichtsfestigkeit. Doch die Mustervereinbarung der LBN sei „ein Weg, Streit durch Information und Kommunikation auf Augenhöhe mit dem Kunden vorzubeugen“, sagt die Juristin.

Sonderfall Öffentliche Vergabe

Bei einer Öffentlichen Vergabe führt jede Veränderung der Vergabeunterlagen zum Ausschluss des bietenden Unternehmens, warnt Höltkemeier. Daher könnten die Musterformulierungen bei öffentlichen Vergabeverfahren nur dann verwendet werden, wenn bereits die Ausschreibungsunterlagen selbst eine Gleitklausel (Lohn- und/oder Materialpreis-Gleitklausel) enthalten.

Beraten lassen!

Wer sogenannte „Musterformulierungen“ in seine Verträge einbauen möchte, sollte sich im Einzelfall beraten lassen, rät Cornelia Höltkemeier. Die Fachverbände und Innungen stünden dafür als Ansprechpartner zur Verfügung.

Was gilt, wenn Preissteigerungen laufende Verträge betreffen?

Die aktuellen Preisentwicklungen könnten bei laufenden Verträgen zu einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ führen, erläutert die Juristin. Daher sei auch hier die Kommunikation mit dem Kunden besonders wichtig. Höltkemeier rät: „Nehmen Sie bei Schwierigkeiten Kontakt mit dem Fachverband oder der Innung auf, um gemeinsam das Gespräch mit dem Kunden vorzubereiten.“

Weigere sich der Kunde, auf Anpassungen im Vertrag einzugehen, sei unter Umständen eine außerordentliche Kündigung des Vertrages möglich. Das hänge jedoch von den Umständen jedes Einzelfalls ab. Vor jeder Kündigung sollten sich Betriebe Rechtsrat holen, empfiehlt Cornelia Höltkemeier.

Quelle: handwerk.com

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