Ziel des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes ist es, Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Betätigung Rechtsverstöße melden, vor Repressalien zu schützen, die weit über bisher bestehende Regelungen hinausgehen. Zudem werden Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 und mehr Beschäftigten zur Schaffung interner Meldestellen verpflichtet. Als Beschäftigungsgeber gelten sowohl Handwerksbetriebe als auch Handwerksorganisationen, so dass die Regelungen im Handwerk Relevanz besitzen.
Aufgrund der Komplexität der Neuregelungen hat der ZDH einen Leitfaden entwickelt, den wir Ihnen anbei zur Verfügung stellen. Er erläutert allgemeine Begrifflichkeiten und die neuen Schutzbestimmungen für Hinweisgeber. Zudem wird umfassend auf die Vorgaben für Beschäftigungsgeber zur Errichtung interner Meldestellen und die Regelungen zur Durchführung von Meldeverfahren nach dem Hinweisgeberschutzgesetz eingegangen. Der Leitfaden gibt damit einen umfassenden Überblick über die neue Gesetzesmaterie und soll Sie bei der Rechtsanwendung in der Praxis unterstützen.
Da der Bundesrat am 10. Februar 2023 zu dem zuvor am 16. Dezember 2022 in 2./3. Lesung vom Bundestag beschlossenen Hinweisgeberschutzgesetz (kurz: HinSchG) seine Zustimmung versagte, plant die Bundesregierung, kurzfristig das Hinweisgeberschutzgesetz neu in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einzubringen und dabei den zustimmungspflichtigen Teil in einem eigenständigen Gesetz abzuspalten und in einem „Änderungsgesetz“ isoliert gesetzgebungstechnisch separat zu behandeln.
Der als Anlage I beigefügte „Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ betrifft den Hinweisgeberschutz auf Bundesebene sowie zwischen Privaten und wird als nicht zustimmungspflichtig eingestuft. Er ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem vom Bundestag am 16. Dezember 2022 verabschiedeten Gesetz, dem der Bundesrat seine Zustimmung verweigert hatte.
Der „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz“, vgl. Anlage II betrifft Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie von Richterinnen und Richtern im Landesdienst. Dieser Formulierungsvorschlag bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz soll bereits einen Monat nach Verkündung in Kraft treten; das gescheiterte ursprüngliche Gesetz sah noch eine dreimonatige Umsetzungsfrist vor. Die Bußgeldvorschrift für die Nichteinrichtung bzw. den Nichtbetrieb einer internen Meldestelle soll dagegen erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft treten. Hinsichtlich des verpflichtenden Termins für private Arbeitgeber mit in der Regel 50 bis zu 249 Beschäftigten zur Einrichtung interner Meldestellen bleibt es beim 17. Dezember 2023.
Nachdem der Bundesrat dem ursprünglichen Gesetzentwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz nicht zugestimmt hatte, wurde der Vermittlungsausschuss angerufen, der nun eine Einigung erzielen konnte.
Der Vermittlungsausschuss hat in seiner Sitzung am 9. Mai 2023 einen Kompromiss erzielt, der zentrale Forderungen des Handwerks aufgreift. Dies gilt zum einen für die Meldung anonymer Hinweise, die nach dem ursprünglichen Entwurf zulässig waren und in gleicher Weise wie namentliche Hinweise von allen Meldestellen verpflichtend aufzunehmen und zu bearbeiten gewesen wären. Diese Pflicht entfällt. Zwar sind auch weiterhin anonyme Hinweise zulässig, jedoch müssen Meldestellen diese Eingaben nicht zwingend aufgreifen. Zum anderen berücksichtigt der Kompromiss die geforderte Priorisierung interner Meldestellen.
Interne Meldestellen sind aufgrund der organisatorischen Nähe zu dem zu untersuchenden Sachverhalt und zu den betroffenen Personen grundsätzlich geeigneter, Hinweise sachgerecht einzuschätzen. Darüber hinaus greift die Einigung des Vermittlungsausschusses die Notwendigkeit einer inhaltlichen Schärfung des Anwendungsbereichs auf und begrenzt die Zulässigkeit von Hinweisen auf Sachverhalte mit Bezug zum Beschäftigungsverhältnis. Überdies werden die Bußgeldtatbestände entschärft und der Bußgeldrahmen statt der bisherigen Maximalsumme von 100.000 Euro auf maximal 50.000 Euro reduziert.
Die Einigung im Vermittlungsausschuss beinhaltet zentrale Forderungen des Handwerks. Dies betrifft u. a. die Priorisierung interner Meldestellen, die nicht länger verpflichtende Annahme anonymer Meldungen und die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf berufliche Zusammenhänge. Durch die erzielte Einigung wird sichergestellt, dass die künftigen Regelungen zum Schutz für Hinweisgeber einheitlich sowohl für Betriebe als auch für öffentliche Stellen gelten. Dies hätte durch die zwischenzeitlich vom Bundestag vorgesehene Aufspaltung des Gesetzes nicht gewährleistet werden können.
Über den weiteren Fortgang des Gesetzesverfahrens werden wir Sie zeitnah informieren.